Universität Osnabrück

Institut für Erziehungswissenschaft


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Forschung

Forschungsprojekte

  1. Habilitationsprojekt: Die Perspektive von Fachkräften der offenen Kinder- und Jugendarbeit auf Eltern und Familien (Arbeitstitel)
  2. Abgeschlossene Forschungsprojekte 

(1) Habilitationsprojekt: Die Perspektive von Fachkräften der offenen Kinder- und Jugendarbeit auf Eltern und Familien (Arbeitstitel)

Kurzcharakteristik

§11 SGB VIII bildet in Deutschland die gesetzliche Grundlage für die Jugendarbeit. Während im Gesetz ausschließlich von Jugend gesprochen wird, greift z. B. der Kinder- und Jugendhilfereport (2024) schon im wording die empirische Realität auf, dass viele Angebote der (offenen) Jugendarbeit heute von Kindern (mit-)genutzt werden. Die ‚Kernzielgruppe‘ der Jugendarbeit hat sich damit mittlerweile erweitert, was sich auch an der hohen prozentualen Mitnutzung der Angebote von Kindern unter 10 Jahren (46,2%) zeigt (vgl. ebd., S. 146). Dieser bundesweite statistische Trend lässt sich auf der ‚Mikroebene‘ durch empirische Beobachtungen stützen, die ich in unterschiedlichen Forschungszusammenhängen gemacht habe. Auch in der Praxis ‚vor Ort‘ wird das Hinzukommen von Kindern in den Einrichtungen oder an Orten, die z. B. durch aufsuchende Angebote abgedeckt werden, wie Sportplätze und Skateparks etc., seitens der Fachkräfte vermehrt beobachtet. Dabei wird weniger die Erweiterung der ‚Kernzielgruppe‘ thematisiert, sondern die Tatsache, dass viele der Kinder von ihren Eltern begleitet werden. Das führt nach Aussage der Fachkräfte der offenen Kinder- und Jugendarbeit dazu, dass sie in ihrer alltäglichen Praxis (z. B. im Jugendtreff oder auf dem Skatepark) zunehmend auf Eltern treffen, mit denen sie sich auseinandersetzen müssen. Fachkräfte betrachten diese Entwicklung mitunter skeptisch. Einerseits bezogen auf Ansprüche, die Eltern an Einrichtungen und die dort arbeitenden Fachkräfte stellen. Andererseits wird das Verhalten der Eltern häufig auch mit Blick auf Kinder und Jugendlichen kritisch hinterfragt, indem z. B. darauf verwiesen wird, dass elterliche Eingriffe in kindliche bzw. jugendliche Freizeitpraktiken zu einer Verringerung kindlicher bzw. jugendlicher Handlungsspielräume führen. An diesen Beobachtungen setzt die geplante Studie an, indem sie offenen nach der Perspektive von Fachkräften der offenen Kinder- und Jugendarbeit auf Eltern und Familien fragt. Damit verbunden sind auch Fragen danach, was offene Kinder- und Jugendarbeit für die Fachkräfte überhaupt ist, welche Angebotsstrukturen in den jeweiligen Erhebungsorten vorzufinden sind und inwiefern ‚Elternarbeit‘ für die Einrichtungen und das Personal vor Ort eine Rolle spielt.

Forschungsdesign

Die Studie folgt einem qualitativen Forschungsdesign und damit einem explorativen Ansatz. In einem ersten Schritt werden Expert:inneninterviews mit Leitungspersonen kommunaler Verwaltungen geführt, die für den Bereich Jugend zuständig sind. Im Anschluss sollen Gespräche mit Fachkräften der offenen Kinder- und Jugendarbeit geführt und ggf. teilnehmende Beobachtungen in geeigneten Einrichtungen durchgeführt werden. Die Auswertung der erhobenen Interviewdaten erfolgt mittels Dokumentarischer Methode.

Literatur

Autor:innengruppe Kinder- und Jugendhilfestatistik (Hrsg.). (2024). Kinder- und Jugendhilfereport 2024. Eine kennzahlenbasierte Analyse mit einem Schwerpunkt zum Fachkräftemangel. Opladen: Barbara Budrich.
Bohnsack, R. (2017). Praxeologische Wissenssoziologie (UTB Erziehungswissenschaft, Sozialwissenschaft, Bd. 8708). Opladen: Barbara Budrich.
Cloos, P., Köngeter, S., Müller, B. & Thole, W. (2009). Die Pädagogik der Kinder- und Jugendarbeit (2., durchges. Aufl.). Wiesbaden: Springer VS.
Deinet, U., Sturzenhecker, B., Schwanenflügel, L. von & Schwerthelm, M. (Hrsg.). (2021). Handbuch Offene Kinder- und Jugendarbeit. Wiesbaden: Springer VS.
Deinet, U. (1987). Im Schatten der Älteren. Offene Arbeit mit Kindern und jüngeren Jugendlichen. Weinheim: Juventa.

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(2) Abgeschlossene Forschungsprojekte

(A) Promotionsprojekt: Werdende Eltern – Paare und Eltern im Übergang. Eine rekonstruktive Studie: Laufzeit: 10/2017 – 02/2024

Kurzcharakteristik
In den letzten fünfzig Jahren hat sich ein umfassender gesellschaftlicher und politischer Wandel vollzogen, der auch für Familien und Familiengründung in Deutschland weitreichende Neuerungen mit sich brachte (vgl. Euteneuer und Uhlendorff 2020; Nave-Herz 2015; Peuckert 2019). Neben einer veränderten Perspektive auf Familie z. B. seitens der Bildungs- und Familienpolitik, haben sich nicht selten auch die familialen Lebensformen in ihrer Gestalt und Funktion sowie in der Bedeutung der Familie für ihre Mitglieder gewandelt. Häufig setzt das klassische Bild einer Familie, welches Jahrzehnte lang die Ideen und Vorstellungen von familialem Zusammenleben prägte und heute immer noch prägt, dabei das Zusammenleben von Erwachsenen mit Kindern voraus (vgl. Schneider et al. 2015). Kinder zu haben und Eltern zu werden oder zu sein, ist für viele Menschen und Paare ein sehnlicher Wunsch, der auch mit einem Wandel der elterlichen Perspektive auf Kinder einhergeht (vgl. Jergus et al. 2018; Schülein 1990). Darüber hinaus wird Familie heute vermehrt als Herstellungsleistung verstanden (vgl. Jurczyk et al. 2014; Jurczyk 2018). Folgt man diesem Verständnis, dann beginnt die Herstellung von Familie spätestens mit der Geburt des ersten Kindes, wenn dies nicht bereits zuvor der Fall ist. Die Geburt sowie die dadurch angestoßenen Aushandlungs- und Wandlungsprozesse stehen im Zentrum der Studie. Diese ist in der erziehungswissenschaftlichen Übergangsforschung zu verorten und untersucht die Transition zur (erneuten) Elternschaft. Es wird danach gefragt, woran sich werdende Eltern (1) in der Ausgestaltung des Übergangs zur (erneuten) Elternschaft, (2) in der alltäglichen Erziehungspraxis und (3) in der alltäglichen Herstellung von Familie orientieren.

Forschungsdesign
Die Studie folgt einem qualitativen Längsschnittdesign mit insgesamt drei Erhebungszeitpunkten. Über den Zeitraum von ca. zwei Jahren wurden insgesamt acht Paare und eine alleinerziehende Mutter zu ihrem je individuellen Übergang zur (erneuten) Elternschaft befragt. Innerhalb dieses Zeitraums wurden drei leitfadengestützte Paar- bzw. Einzelinterviews im Abstand von ca. sechs Monaten (während der Schwangerschaft (t1), sechs (t2) und zwölf Monate (t3) nach der Geburt) geführt. Die Auswertung erfolgt in Anlehnung an die metatheoretische Rahmung des Vorhabens mit der dokumentarischen Methode. Insgesamt handelt es sich damit um einen rekonstruktiven Forschungsansatz.

Literatur
Euteneuer, M. & Uhlendorff, U. (2020). Familie und Familienalltag als Bildungsherausforderung. Weinheim: Beltz Juventa.
Jergus, K., Krüger, J. O. & Roch, A. (Hrsg.). (2018). Elternschaft zwischen Projekt und Projektion. Aktuelle Perspektiven der Elternforschung (Studien zur Schul- und Bildungsforschung, Band 61). Wiesbaden: Springer VS.
Jurczyk, K. (2018). Familie als Herstellungsleistung. Elternschaft als Überforderung? In K. Jergus, J. O. Krüger & A. Roch (Hrsg.), Elternschaft zwischen Projekt und Projektion. Aktuelle Perspektiven der Elternforschung (Studien zur Schul- und Bildungsforschung, Band 61, S. 143–166). Wiesbaden: Springer VS.
Jurczyk, K., Lange, A. & Thiessen, B. (Hrsg.). (2014). Doing Family. Warum Familienleben heute nicht mehr selbstverständlich ist. Weinheim: Beltz Juventa.
Kreyenfeld, M. & Huinink, J. (2003). Der Übergang zum ersten und zweiten Kind – Ein Vergleich zwischen Familiensurvey und Mikrozensus. In W. Bien & J. H. Marbach (Hrsg.), Partnerschaft und Familiengründung (S. 43–65). Wiesbaden: Springer VS.
Nave-Herz, R. (2015). Familie heute. Wandel der Familienstrukturen und Folgen für die Erziehung (6., überarbeitete Aufl.). Darmstadt: WBG.
Peuckert, R. (2019). Familienformen im sozialen Wandel (9., vollst. überarb. Auflage). Wiesbaden: Springer VS.
Schneider, N. F., Diabaté, S. & Ruckdeschel, K. (Hrsg.). (2015). Familienleitbilder in Deutschland. Kulturelle Vorstellungen zu Partnerschaft, Elternschaft und Familienleben (Beiträge zur Bevölkerungswissenschaft, Bd. 48). Opladen: Barbara Budrich.
Schülein, J. A. (1990). Die Geburt der Eltern. Über die Entstehung der modernen Elternposition und den Prozeß ihrer Aneignung und Vermittlung. Opladen: Westdeutscher Verlag.

 

(B) Forschungsprojekt ‘Occupying Public Urban Space with Stunt Scooters: Collective Learning Through Motion in Children’s Peer Cultures’.  Ein Teilprojekt des EU-Projektes SMOOTH  (‘Educational Common Spaces. Passing Through Enclosures and Reversing Inequalities’).

SMOOTH intends to introduce the emergent paradigm of the ‘commons’ as an alternative value and action system in the field of education for children and young people. The project critically draws out the implications of the commons for refiguring education and for social change in general, on a footing of equality, sharing, participation, togetherness, caring and freedom. The project will address social inclusion according to the ‘educational commons’, which we want to study, if they can operate as a catalyst for reversing inequalities, through a variety of methods such as pedagogical documentation, pedagogy of active listening, ethnography, discourse analysis.
In particular, it proposes an innovative action research program with and by children to:

     a. reverse inequalities faced by children from vulnerable social groups;
     b. strengthen inter-cultural and inter-generational dialogue and social integration;
     c. develop vital social and personal skills for the children and adults;
     d. create smooth spaces of democratic citizenship and experimentation with new ways of thinking and doing on the basis
         of equality, collaboration, collective creativity, sharing and caring;
     e. build and foster community through differences.
 

Universities, research labs, municipalities, NGOs, museums, and youth organizations, in different countries, will work interdisciplinary and interculturally together to achieve the above aims from the point of view of educational commons. Specifically, various case studies will be conducted in educational premises to reverse the existing inequalities and achieve an active social exclusion for vulnerable children and youth. In short, a cross-cutting, cross-disciplinary analysis about the role of educational commons must be seen as crucial to provide policymakers new, innovative and more efficient tools for proposing new policies to better engage children and adults in developing a more secure and resilient economic, political and social model of Europe.

Laufzeit: 03/2021 bis 02/2024

Projektleitung: Prof. Dr. Florian Eßer & Dr. Judith von der Heyde

Mitarbeiterin: Sylvia Jäde, M.A.

Drittmittelgeber: Europäische Union – HORIZON 2020 (101004491)
 

(C) Forschungsprojekt 'Familienerziehung im Generationenvergleich. Eine Studie zu Erziehungspraxen und alltagstheoretischen Entwicklungskonzepten ost- und westdeutscher Väter und Mütter zweier Elterngenerationen.'

Kurzcharakteristik

Vor dem Hintergrund des in den letzten Jahrzehnten erfolgten Wandels familialer Lebensformen, des strukturell bedingten Zuwachses an Freiheitsräumen zur Gestaltung innerfamilialer Beziehungen und der steigenden gesellschaftlichen Erwartungen an die Erziehungs- und Bildungsleistungen von Familien geht die geplante Studie der Frage nach, wie Eltern heute das (potentiell) enttraditionalisierte Familienmilieu mental und praktisch aktiv strukturieren. Das Projekt beabsichtigt einen Vergleich der heutigen Elterngeneration mit der vorangegangenen Elterngeneration ihrer Väter und Mütter sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland, um Unterschiede sowohl innerhalb der Generationen als auch zwischen den Generationen in der Ausgestaltung der pädagogischen Freiheitsräume unter den jeweiligen gesellschaftlichen Bedingungen herauszuarbeiten. Das Sample wird systematisch nach Generationenzugehörigkeit, sozialgeografischer Herkunft (Stadt/Land, Ost-/Westdeutschland) und Bildungsabschluss (Hochschulreife oder darunter) der befragten Eltern quotiert und nach weiteren Kriterien (Lebenslage, Familienform) diversifiziert. Anhand von themenzentrierten Interviews mit narrativen Anteilen sollen Erziehungspraktiken und alltagstheoretische Konzepte kindlicher Entwicklung beider (in familialen Beziehungen miteinander verbundenen) Elterngenerationen sowie die von den Befragten selbst hergestellten biografisch-zeitgeschichtlichen Bezüge (oral history) empirisch rekonstruiert und vor dem Hintergrund der Forschungsliteratur zu generationsspezifisch-historischen Bedingungen des Familienlebens und der jeweiligen gesellschaftlichen Erwartungen an die Familienerziehung (Generationenlage, öffentliche Erziehungs- und Familiendiskurse) interpretiert werden. Zwischen beiden Generationen liegen gravierende gesellschaftliche und politische Veränderungen, die im Hinblick auf den generationenbezogenen Vergleich elterlicher Entwicklungskonzepte und Erziehungspraktiken bedeutsam sind: (1) die Teilung Deutschlands in Ost und West, die Wende in Ostdeutschland und die Wiedervereinigung sowie, das Ende des Kalten Krieges; (2) ein starker Globalisierungsschub mit neuen politischen Steuerungsstrategien, insbesondere in der Wirtschafts-, Sozial-, Familien- und Bildungspolitik; (3) der Ausbau außerfamilialer Bildungsangebote (Kindertageseinrichtungen, Ganztagsschulen); (4) die technische Revolution in der Informations- und Kommunikationstechnologie mit den Chancen und Risiken neuer Kulturzugänge und sozialer Vernetzungen. Diese Entwicklungen werfen die Frage auf, wie sich jeweils die familiale Erziehungspraxis generationsspezifisch auf die neuen Herausforderungen eingestellt hat.


Laufzeit: 01.04.2017-01.01.2021

Projektleitung: Prof. i. R. Dr. Hans-Rüdiger Müller

Mitarbeiterin: Sylvia Jäde, M.A.
Erweitertes Projektteam: Dr. Kathrin Borg-Tiburcy & Christoph Kairies, M. A.

Drittmittelgeber:
DFG ( MU 1450/9-1)